Von Rauhnächten oder der „Zeit der Zwölften“

Zwischen Weihnachten und Dreikönig scheint die Zeit still zu stehen, die Natur ist im Winterschlaf und unsere Welt scheint sich für die Welt der Geister und des Unheimlichen zu öffnen. Über die Entstehung und die Bedeutung der zwölf (oder vier) Rauhnächte kann niemand Genaues belegen oder ableiten, wie die darum existierenden Geschichten über die Jahrhunderte gewachsen sind. Die ursprüngliche Bedeutung der Rauh- oder Rauchnächte in „der Zeit der Zwölften” (zwischen dem 23.12. und 6.1. in Bayern und Österreich oder auch nur vier Nächte mit Thomas-Tag, Weihnachten, Neujahr und Dreikönig) leitet sich entweder vom traditionellen Räuchern der Ställe mit Weihrauch durch den Pfarrer oder Bauern ab oder vom altdeutschen Wort „rauh“ (haarig) ab, was sich auch in der „Rauhware“ für Pelzwaren findet. Es bezieht sich somit auf die mit Fellen bekleideten Perchten oder Dämonen, die in diesen Nächten lärmend ihr Unwesen treiben und auf vielen Märkten und Festen zu finden sind.

Tradition des Räucherns

Die schon fast nahezu verschwundene Tradition (erstmals 1520 berichtet) des Räucherns wurde in den „Rauchnächten“ betend mit der ganzen Familie eine Prozession durch Haus und Stall, oftmals mit den an Maria Himmelfahrt (15. August) geweihten Kräutern zusammen mit Weihrauch, durchgeführt. Dadurch sollte alles Unglück und Unheil von den Bewohnern des Hauses ferngehalten werden.

In den Rauhnächten, so glaubte man, waren die Kräfte des Unheils besonders stark: der Macht der bösen Geister und Hexen musste durch viel Lärm und Krach Einhalt geboten werden. Und dies schon seit den heidnischen Zeiten, was die Begriffe „Heidenlärm und Höllenspektakel“ ausdrücken. Aus diesem Glauben heraus entstanden auch viele Traditionen wie die Perchtenläufe, das Weihnachtsschießen (Böllerschützen), das Peitschenknallen oder auch die Schellenläufe, bei denen mit großen Kuhglocken durch die Orte gezogen wird. Aber auch viele seltsame Bräuche wurden noch bis zum 19. Jahrhundert gepflegt: Baumstämme umarmen für gute Ernte, Brotkrümel in den Garten für das Wachstum der Kräuter gestreut, Essensreste als Futter für die Geister unter die Bäume gelegt oder Heu vor die Tür um genug Futter für das Vieh zu haben.

In anderen Regionen

Aber auch in vielen anderen Regionen und Ländern gibt es viele Mythen und Bräuche rund um die Rauhnächte: In Südosteuropa sägen Kobolde in dieser Zeit am Weltenbaum, Geister und die Seelen von Verstorbenen haben Ausgang, Menschen können sich in Werwölfe verwandeln, weiße Wäsche darf nicht auf der Leine hängen (sonst kommen die Geister damit wieder als Leichentuch für den Besitzer) und das Befragen von Orakeln (geblieben ist das Bleigießen) ist in dieser Zeit optimal.

Sprechende Tiere und die “Wilde Jagd”

Auch im deutschen Raum war ab Silvester die “Wilde Jagd” unterwegs, eine wilde Horde von Reitern aus dem Geisterreich, die ihr Unwesen auf den Bauernhöfen und Häusern trieben, alles Essbare verschlangen und die Menschen verängstigten. Auch sollen Tiere zu Mitternacht sprechen können und sich gegenseitig berichten, wer als nächstes aus der Gemeinschaft am Hof sterben muss. Dumm nur, wenn man es belauschte… so war man selbst der Nächste in der Reihe.

In der Nacht auf den 6. Januar zogen sich die Mächte der Mittwinterzeit zurück, so glaubten es die Menschen im Oberland, und die „die Wilde Jagd“ beendete zu dieser Zeit seine Ausritte. Alle Bräuche hatten das Ziel, Glück und Segen für die Bewohner und das Vieh zu bringen oder zumindest das Unglück von allen abzuwehren.

Nach diesen zwölf Nächten, in denen alle Aktivitäten durch Verbote, Bauernregeln oder Geschichten, die dem Zuhörer Angst machen, ruhen startet das neue Jahr und alles geht wieder seinen gewohnten Gang.

Leseempfehlung:

Viele Geschichten kann man im Buch “Rauhnächte” von Harald Krassnitzer lesen. Nicht nur aus dem süddeutschen Sprachraum, sondern auch aus Norddeutschland mit Frau Holle, aus den nordischen Ländern mit Zwergen oder aus Island mit Feen. Ein Buch, das man in den ruhigen Stunden der Rauhnächte gerne zur Hand nimmt.